„Ah, da kommt sie ja, die Seifensiederin!“. Den Gruß aus einer anderen Zeit hört Steffi Hoppenthaler heute noch, wenn sie Bekannte in der Straubinger Innenstadt trifft. Auch wenn ihr Unternehmen schon 40 Jahre nicht mehr den Namen „Seifen-Zech“ trägt, wissen die Leut‘ am Ort Bescheid. Zech ist eine Marke in der Region, die Familie fest verwurzelt. Man kennt die „chemisch-kosmetische Fabrik“ aus den 1960er Jahren, das legendäre Badekonzentrat von „wunderbarer Wirkung“ und den auffälligen Neubau des Großhandelsbetriebs im Industriegebiet Hofstetten. Seit 1973 ist er Firmensitz und auch ein Stück postmoderne Baukultur. Die Geschichte von Zech und die Geschichte hinter dem Gruß reicht aber viel weiter zurück. Sie spielt in der Biedermeierzeit, zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Da flanieren Frauen in prächtigen Kostümen über die Plätze der Stadt, mit schmalen Taillen, romantisch breiten Röcken, hübschen Blumenmustern, Volants und Rüschen, weiten Ärmeln, dazu große Hüte, Schirm und Tasche. Die Männer der aufstrebenden Mittelschicht, des gut situierten Bürgertums und eines betriebsamen Handwerks begleiten sie und stehen für den Anstand und die Schaffenskraft einer neuen Epoche.
Paul Hoppenthaler aus Osterhofen ist einer dieser Herren und er hat sich viel vorgenommen. 1826 erwirbt er die Seifensiederei im Straubinger Stadtturm für stattliche 7500 Gulden und glaubt an eine blühende Zukunft. Noch weiß er nicht, dass sein wertvolles Handwerk schon bald ein Nischendasein führen könnte. Die industrielle Herstellung von Seifen ist der Startschuss für das Aufkommen von neuen Reinigungs- und Hygieneprodukten. Immer mehr Ladengeschäfte im ganzen Land werden damit bestückt, zu Preisen, mit denen kaum ein Handwerker mithalten kann. Ist‘s vorbei mit dem Sieden von Fetten, Ölen und Laugen, den schönen handgemachten Seifen und der Zunft, die im 14. Jahrhundert aus dem Orient nach Europa, und auch nach Niederbayern kam? Nicht in Straubing. Denn die Hoppenthalers halten fest an der eigenen Überzeugung und den alten Traditionen.
Mit dem ersten LKW der Firmengeschichte beliefert Wilhelm Hoppenthaler seit den 1930er Jahren immer mehr gewerbliche Kunden mit Reinigungschemie (Bild oben). 15 Kreuzer kostete das amtliche Führungszeugnis, mit dem Paul Hoppenthaler 1826 die Seifensiederei in Straubing erwarb. Auf der Rechnung aus dem Jahr 1904 tauchen bereits chemisch-technische Produkte auf (unten links). Im Ladengeschäft von Seifen Zech am Ludwigsplatz gab es nach dem Krieg auch Parfums und Flacons. (unten rechts)
VOM TRADITIONSHANDWERK
ZUM GROSSHANDEL
1877 heiratet Adolf Zech in die Familie Hoppenthaler ein. Im kleinen Geschäft in der Rosengasse 13 stehen neben Seifen jetzt auch Flacons und Parfums, Paraffinlichter, Pomaden und Bleichsoda in den Regalen. Den wirtschaftlichen Wandel hat der Seifensieder zwar im Blick. Den großen Schritt wagt aber erst Wilhelm Hoppenthaler, der in den 1930er Jahren in das Geschäft einsteigt. Auf dem Fahrrad bei Kunden unterwegs, hat er längst erkannt, dass die örtlichen Sortimente die Bedürfnisse des Großhandels nicht mehr zufriedenstellen können. Aus der eigenen Tasche und gegen den Willen des Vaters kauft er den ersten LKW und läutet damit den Großhandel mit Chemikalien ein. Lebensmittelbetriebe und Wäschereien sind die ersten dankbaren Abnehmer.
Der junge Unternehmer nutzt die Marktlücke mit wachsendem Erfolg: Mehr und mehr gewerbliche Betriebe, auch Krankenhäuser und Anstalten zählen fortan zu den Kunden von Zech. Wilhelm passt sich dem Markt an und weiß, was er will – eine Tugend, die sich von da an wie ein roter Faden durch die Firmengeschichte von Zech ziehen wird.
In einer kleinen italienischen Gemeinde mit nicht mal 2000 Einwohnern, nur eine halbe Autostunde von Genua entfernt, weiß auch Paula Hoppenthaler, die Urenkelin von Wilhelm, was sie will. Bei einem namhaften Hersteller für Reinigungsartikel, macht sie dort ein Praktikum im Anschluss an ihr Wirtschaftsstudium in Mailand, das sie im Frühjahr 2022 mit dem Master erfolgreich absolviert. Den Entschluss, ins Familienunternehmen einzusteigen, hat sie schon mit 12 gefasst, erste Erfahrungen hat sie da schon längst gesammelt. Am Studium und an der Arbeit hatte sie immer viel Spaß, blickt ihre Mutter Steffi Hoppenthaler nicht ohne Stolz zurück. Anders als bei manch anderen ihrer Generation findet es Paula sogar total angesagt, eine gut gehende Firma zu übernehmen und eine über 200jährige Familientradition fortzuschreiben. Die Tochter eines italienischen Vaters ist selbstbewusst: „Klar will man heutzutage innovativ sein und Neues schaffen. Aber wer sagt denn, dass man das in einem konservativen Betrieb nicht auch könnte?“. Was Heimat und Tradition betrifft, glaubt sie sogar, dass es wieder einen Trend in genau diese Richtung gibt. „Als heutige Generation haben wir einige Jahre damit verbracht, uns zu lösen und völlig frei zu sein, um dann herauszufinden, dass alte Werte und vor allem Familie das Gefühl von Sicherheit vermitteln, wonach wir uns in dieser Welt doch alle sehnen.“
FAMILIE IST IM UNTERNEHMEN ZECH
EINE FESTE GRÖSSE
Dass die vier Jahre an der Uni in Mailand dennoch enorm wichtig waren, gibt Paula gerne zu. Auch dass sie sich anfangs nicht mehr vorstellen konnte, jemals wieder nach Straubing zurückzukehren. Aber, so die künftige Juniorchefin, man entwickelt sich und erkennt dann auch, dass Familie das Wichtigste auf der Welt ist, was so gar nichts mit einem „Generationen-Lebensgefühl“ zu tun hätte.
Familie ist auch im Unternehmen Zech eine feste Größe, das wissen die Hoppenthaler-Frauen sehr zu schätzen. „Wir brauchen diese betriebliche Bindung“, sagen sie, „den Zusammenhalt und das Team, das Probleme gemeinsam löst, damit wir erfolgreich sind.“ Es werde aber auch sehr viel dafür getan, jedes Jahr ein Sommerfest und eine Weihnachtsfeier organisiert. „Wir unterstützen unsere Mitarbeiter wo wir können, geben ihnen die Sicherheit eines gesunden, sattelfesten Unternehmens, in dem die Stimme jedes einzelnen zählt und sich jeder einbringen und beweisen kann – mit neuen Ideen, Meinungen und mit seiner Erfahrung.“ Bei Zech wird gefördert, wer Potenzial hat. Alle Abteilungen bieten Aufstiegschancen an und die Türen der Geschäftsleitung stehen immer offen. „Ich denke, das ist auch der Grund, warum sich Bewerber für uns entscheiden und wir immer noch zahlreiche Mitarbeiter haben, die seit Jahrzehnten bei uns arbeiten“, so Steffi Hoppenthaler. „Das ist ja nicht selbstverständlich. Einem Familienbetrieb geht es auch nicht nur um den Profit, eher um Rentabilität. Was wichtig ist, würde ich als Identität, als Bekenntnis zum Unternehmen an sich bezeichnen. Einen Betrieb mit so langer Geschichte zu erhalten und zu pflegen, bedeutet uns wirklich viel.“
Im Jahr 1970 baut Wilhelm Hoppenthaler im Industriegebiet Hofstetten eine neue Betriebsanlage, die er drei Jahre später zusammen mit seinem Sohn Manfred eröffnet. Auch heute noch ist das Gebäude Firmensitz von Zech (Bilder oben). Manfred Hoppenthaler, inzwischen Kommanditist von Seifen Zech, zählt 1976 zum eingeschworenen Kreis der Gründungsväter der GVS Großverbraucherspezialisten eG (Bild unten, ganz links neben Georg Zoller, Dirk Seeger und Wilhelm Klein)
PRIVATES LEBEN, FRAUENPOWER UND
DIE FUSSSTAPFEN DES VATERS
Paula stimmt zu und spricht von einer richtig schönen Aufgabe, dieses Unternehmen von Generation zu Generation weiter führen zu dürfen, mit „unserem Rückhalt und der Wertschätzung, die wir uns gegenseitig geben“. Im privaten Familienleben haben beide Frauen gelernt, zusammen zu stehen, aber auch Unternehmerkinder zu sein. Nicht einfach war das, wenn die Eltern oft in der Firma waren, wenig Zeit hatten. Aber abends und wenn es Ausflüge gab, waren Themen aus der Firma tabu, soweit das möglich war. Da zeigte sich die starke Verbundenheit, das Vertrauen in beiden Generationen. Und keiner vergisst dabei, dass man auch viele Privilegien hatte und Stärke lernte, weil man von klein auf sehr auf sich selbst gestellt war.“
Ob sich die Frauen-Power von Tochter und Mutter hier besonders ausgebildet hat? Beide sehen das eher pragmatisch. Geschäftsführerin Steffi Hoppenthaler hat überhaupt keine Alternative gesehen, nicht in die Fußstapfen ihres Vaters zu treten. Nachdem es keinen männlichen Nachfolger gab, hätte man mit der Bürde umzugehen gelernt und am Ende habe sie es auch nie bereut. Dass man als Frau unter Männern auch mal leichter überzeugen kann, da hat dann auch der Vater dafür gesorgt, lacht sie. Denn dem sei sie in Sachen Durchsetzungsvermögen viel zu ähnlich. Das gelte für die eigene Firma wie für die Branche und auch für die GVS Group, in der sie in führenden Funktionen schon lange Jahre ihre Frau steht. Eine Diskussion über Frauenquoten hält die Unternehmerin manchmal für übertrieben. „Leistung oder Qualifikation kann man ja nicht am Geschlecht festmachen“.
Für sein vorbildliches ehrenamtliches Engagement in der regionalen Wirtschaft und als Richter beim Finanzgericht München wird Manfred Hoppenthaler (links im Bild) 1998 vom bayerischen Staatsminister für Wirtschaft, Verkehr und Technologie, Dr. Otto Wiesheu, mit dem Bundesverdientskreuz am Bande geehrt (Bild oben links). Langjährige und verdiente MitarbeiterInnen sind bei Zech keine Seltenheit (Bild rechts). Steffi und Paula Hoppenthaler überreichen Präsente und Urkunden an Wolfgang Peter (links im Bild) und Renate Heigl (2. von rechts) für 31 bzw. 48 Jahre Betriebszugehörigkeit. Der Zusammenhalt bei Zech ist groß. Bei den alljährlichen Sommerfesten ist immer gute Stimmung (Bild unten).
MIT ANPASSUNGSFÄHIGKEIT ZUM FÜHRENDEN
FACHGROSSHANDELSUNTERNEHMEN
Aus den gleichen Gründen würde man auch bei den MitarbeiterInnen im eigenen Betrieb nicht nach Geschlecht unterscheiden oder jetzt besonders Frauen fördern, nur weil es eine weibliche Geschäftsleitung gibt. Bedeutet aber auch: Frauen und Männer bekommen bei Zech zu 100 Prozent die gleichen Chancen.
Das gesamte Leitbild und vor allem die Zuverlässigkeit und die Sicherheiten eines inhabergeführten Familienbetriebs liefern auch den Kunden die besten Argumente für eine langfristige und enge Zusammenarbeit. Sich die Anpassungsfähigkeit auch in Krisenzeiten zu erhalten, wie es die Vorfahren unter viel schwierigeren Bedingungen geschafft haben, dient den Hoppenthalers von heute immer noch als Vorbild.
Als Wilhelm aus dem Krieg zurückkehrt, steht er zum zweiten Mal vor großen Herausforderungen. Es gelingt ihm, die alten Verbindungen zur Industrie und zu den Großverbrauchern wieder aufzunehmen und das Absatzgebiet systematisch zu erweitern. Mit seinem Sohn Manfred, der 1963 ins Unternehmen eintritt, schafft er es, neue Branchengruppen zu erschließen und schon bald halten die Betriebs- und Lagergebäude in der Innenstadt nicht mehr der rasanten Geschäftsentwicklung stand – es muss gebaut werden. 1973 eröffnen Vater und Sohn das mustergültige Großhandelsgebäude mit 8500 Quadratmeter Fläche auf der grünen Wiese. Als die Kommanditgesellschaft 2005 in eine AG umgewandelt wird, hat es Manfred Hoppenthaler geschafft: der Weg ist frei für den zweitältesten Familienbetrieb der Stadt, das führende Fachgroßhandelsunternehmen für Hygiene, Reinigung und Pflege in Süd- und Ostbayern zu werden.
Zech in Straubing ist heute der führende Fachgroßhändler für Reinigung und Pflege in Süd- und Ostbayern – mit starkem Team und viel Hightech in Lager und Verwaltung, innovativen Dienstleistungen und eigener Transportlogistik. Paula Hoppenthaler hat ihr WIrtschaftsstudium in Mailand mit dem Master erfolgreich abgeschlossen (Bild oben rechts) und wird zusammen mit ihrer Mutter Steffi das Unternehmen in die Zukunft führen.
ALTE UND NEUE PERSPEKTIEN –
OHNE DIE GVS NICHT VORSTELLBAR
Manfred Hoppenthaler, der 1998 für sein ehrenamtliches Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt wird, ist nicht nur der Wegbereiter für die bis heute größte Unternehmensentwicklung von Zech – er ist auch einer der Gründungsväter der GVS Großverbraucherspezialisten eG. Steffi Hoppenthaler erinnert sich: „Ich war damals ein kleines Mädchen von sieben Jahren. Und ich denke oft daran, als die Kollegen Reinhold Durner und Georg Zoller in den 70er Jahren bei uns zu Besuch waren mit ihren Frauen, das war doch immer sehr lustig. Man hatte auch das Gefühl, dass es ein eingeschworener Verein war, der sich da formiert hat und es gab enge familiäre Verbindungen und unvergessliche Ausflüge mit der Handelsgruppe. Die Kinder haben sich besonders darauf gefreut.“ Dass die Entwicklung von Zech ohne die GVS Group nicht vorstellbar gewesen wäre, darüber spricht Steffi Hoppenthaler unumwunden. Als Mitglied des Aufsichtsrats hat sie einen besonders guten Einblick in die Perspektiven, die die Handelsgruppe schafft. Durch die Arbeit der Zentrale in Friedewald konnten sie noch einmal deutlich verbessert werden.
Tochter Paula hat nicht viele Erinnerungen an ihren Großvater, der starb, als sie sieben Jahre alt war. Aber sie spricht von Bildern, die einen strengen, geradlinigen und traditionellen Mann zeigen, der sich allein durch sein Auftreten großen Respekt verschaffen konnte und immer gut gekleidet war. Und dann, so die Halbitalienerin, sei er auch ein liebevoller Opa gewesen, der es liebte in Gesellschaft zu sein, zu leben und zu lachen.
Ob sich der Kreis schließt? Steffi Hoppenthaler ist überzeugt davon. An ihrer Tochter schätzt sie die frische Denkweise, die guten Ideen, die sie heute schon einbringt und ist sicher, dass sie das Familienunternehmen Zech in eine neue Ära führen wird. Der Betrieb wird dann digitaler und nachhaltiger sein, als er jetzt schon ist. Und es wird Kinder geben, die das gesunde Wachstum weitertragen und wohl noch in vielen Generationen Hoppenthaler mit dem einen Spruch begrüßt werden: „Da kommen sie, die Seifensieder“!